Verständlich erklärt:
Was ist ein selbstständiges Beweisverfahren?
... und wie können Ihnen digitale Lösungen bei der Beweissicherung helfen?
Stephan Fleischmann
TGC Group
Baumängel oder Bauschäden sind mitunter das Nervigste an einem Bauprojekt. Und Sie wissen es am besten, ganz vermeiden lassen sich Mängel oder eben Diskussionen um potentielle Mängel nicht. Dann gilt es beispielsweise zu klären, ob die Mängel schon vor Beginn eines Bauabschnitts vorhanden waren oder erst während der Bauausführung des Folgeabschnitts entstanden sind? Allein die Beantwortung dieser Frage kann bereits zu hohen Kosten führen. Lassen Sie uns daher einmal Wesentliches zum Beweissicherungsverfahren klären und erfahren Sie, wie digitale Lösungen eine massive Unterstützung für Sie sind.*
Das selbstständige Beweisverfahren
Mit dem selbstständigen Beweisverfahren, früher Beweissicherungsverfahren genannt, kann ein Konflikt ohne ein langwieriges und teures Gerichtsverfahren beigelegt werden. Es handelt sich um eine schnelle und vor allem gerichtsverwertbare Tatsachenfeststellung, ohne dass am Ende ein Urteil vom Gericht ausgesprochen wird. Vielmehr wird der Schadensfall zunächst von einem Sachverständigen festgestellt und ein Streitwert, sowie die Verantwortlichkeit für den Baumangel ermittelt.
„Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird“.
§ 485 Abs. 2, ZPO
Alternativ kann ein sogenanntes privates Beweisverfahren durchgeführt werden, indem privat ein Bau-Sachverständiger beauftragt wird. Hier läuft man jedoch Gefahr, dass die Erkenntnisse des Sachverständigen vor Gericht nicht als Beweis anerkannt werden.
Wozu dient das Beweissicherungs- verfahren?
Wozu dient das Beweissicherungsverfahren?
Im Kern geht es beim Beweissicherungsverfahren darum, dass etwaige Fragen bei vermuteten Mängeln geklärt werden, bevor es im Nachhinein nicht mehr feststellbar ist. Die Sicherung der Beweise erfolgt so, dass diese im Falle eines anschließenden Gerichtsverfahrens verwertbar sind. Das selbstständige Beweisverfahren kann sowohl vor, während und auch nach der Bauphase eingesetzt werden. Daher besitzen die Verfahren in baurechtlichen Angelegenheiten eine hohe Relevanz. Sie helfen dabei, einen zeitaufwändigen und kostenintensiven Prozess, bei dem es um die Klärung von Verantwortlichkeit von Baumängeln geht, zu vermeiden.
Kommt es dennoch zu keiner Einigung der beiden Parteien und damit zu einem Gerichtsverfahren, so hilft das vom Sachverständigen erstellte Gutachten bei der Festlegung, welche Partei die Kosten für die Mängelbeseitigung zu tragen hat.
Wie läuft das Beweissicherungsverfahren ab?
Die Antragstellung für das Beweissicherungsverfahren vor Gericht:
Man beantragt die „schriftliche Begutachtung des Zustandes einer Sache, einer Ursache für Schäden oder Mängel oder den Aufwand für Beseitigung des Sachschadens oder Sachmangels“ (vgl. § 485 ZPO). Für Bauthemen muss der Antrag bei dem Gericht gestellt werden, in dessen Zuständigkeitsbereich die Baustelle liegt. Der Antrag kann von Privatpersonen gestellt werden, allerdings wird bei der Verhandlung selbst eine anwaltliche Vertretung benötigt.
Benennung eines Sachverständigen:
Nach erfolgter Antragsstellung prüft das Gericht die Zulässigkeit und benennt einen fachkundigen, unparteiischen Sachverständigen. Ebenfalls möglich ist, dass sich beide Parteien abstimmen und dem Gericht einen Sachverständigen vorschlagen. Bei der Auswahl eines Baugutachters ist eine gewisse Vorsicht geboten, da der Beruf als Sachverständiger für Bauschäden nicht geschützt ist. Egal, welche Qualifikation jemand hat, jeder kann diesen Beruf ausüben! Um auf der sicheren Seite zu bleiben, sollte auf vereidigte oder verbandsgeprüfte Sachverständige zugegriffen werden.
Ortstermin:
Der Sachverständige führt einen oder mehrere Ortstermine mit den beiden Parteien durch und beauftragt ggf. Laboruntersuchungen. Im Rahmen der Beweissicherung des Gutachters ist es von enormem Vorteil für den Antragssteller, wenn er über eine lückenlose und präzise Dokumentation verfügt, die gut strukturiert und abgespeichert ist. Sie hilft dabei die erforderlichen Nachweise zu erbringen. Jede schnell eingesprochene Sprachnachricht oder angeheftete Bemerkung aus der Bauakte könnte später ein wichtiger Beweis sein, falls es zu einem Gerichtsverfahren kommen sollte.
Schriftliches Gutachten:
Am Ende des Verfahrens präsentiert der Sachverständige sein schriftliches Gutachten. Nun haben die Parteien die Möglichkeit der Stellungnahme und Ergänzungsfragen zu stellen, die ggf. in Ergänzungsgutachten beantwortet werden. Auf Antrag einer Partei erfolgt eine mündliche Erörterung des Gutachtens. Das selbstständige Beweisverfahren endet, wenn beiden Parteien das Gutachten vorliegt.
Diese Unternehmen bauen auf uns:
Wer trägt die Kosten?
Das wird grundsätzlich nicht im Rahmen des Beweissicherungsverfahrens geklärt. Wer letztendlich die Kosten zu tragen hat, wird im Hauptsacheverfahren entschieden. Die Kosten des selbstständigen Beweisverfahrens werden dann zu Kosten des Hauptverfahrens. Sollte kein Hauptverfahren anhängig sein, so steht im Gesetz, dass der Antragsgegner eine Frist setzen kann, in der eine Klage vom Antragssteller erhoben werden kann. Sollte der Antragssteller in dieser Zeit keine Klage erheben, so hat er die Kosten selbst zu tragen. Wenn aber durch das Gutachten entsprechende Beweise vorliegen, dass ein Mangel vom Antragsgegner verursacht wurde, dann wird es schwer für den Antragsgegner sich aus der Verantwortung zu ziehen. Im Regelfall einigt man sich dann, um die zusätzlichen Kosten für einen angehängten Prozess zu sparen.
Die Vorteile digitaler Lösungen bei der Nachweiserstellung
Für beide Parteien besteht eine gesetzliche Verpflichtung, bei der Bereitstellung von Informationen aktiv mitzuwirken. Als Bauunternehmen sollte man bei den Nachweisen grundsätzlich gut vorbereitet sein. Hier kann man von den vielfältigen Möglichkeiten der digitalen Bauakte und des digitalen Mängelmanagements profitieren. So können beispielsweise Fotos mitsamt Anmerkungen schnell und strukturiert abgelegt werden. Beurteilungen zu einem Bauabschnitt, beteiligte Subunternehmer, erfolgte Lieferungen und vieles mehr werden systemisch und lückenlos erfasst. Der gesamte Freigabeprozess der einzelnen Bauschritte wird transparent wie strukturiert festgehalten und vor allem sicher aufbewahrt. Besser noch: Sie können feste Vorgaben definieren, was alles dokumentiert werden muss, damit ein Dokumentationsschritt als vollständig anerkannt wird. Ist nicht alles Benötigte in der digitalen Bauakte dokumentiert, kann der Bauabschnitt nicht abgeschlossen werden.
Weitere Vorteile sind der Überblick und eine entsprechende Auskunftsfähigkeit. Dank den hilfreichen Filterfunktionen und übersichtlichen Darstellungen können die Beweise für den Sachverständigen mit nur wenigen Klicks abgerufen werden. Also Sie dokumentieren nicht nur simpler und verlässlich vollständig, sondern dank einer strukturierten Ablage und einer intelligenten Verknüpfung werden Sie in Sekundenschnelle aussagefähig – und das nicht nur im Rahmen von Beweisverfahren. Ganz ohne Medienbrüche können Sie dem Sachverständigen Dokumenten und Daten übermitteln. Man spart selbst wertvolle Zeit und senkt gleichzeitig die Gesamtkosten für das Gutachten spürbar. Der Sachverständige ist ebenfalls schneller, wenn ihm bereits eine vollständige Dokumentation der Sachlage vorliegt. Und es kann Ihnen sicher nicht schaden, wenn Sie maximal kooperativ sind.
Fazit zum selbstständigen Beweisverfahren
Digitale Lösungen reduzieren zwei Kostenstellen massiv: 1. Die Aufwände zur Dokumentation, um aussagefähig zu sein und 2. im Falle eines Verfahrens, können Sie nie wieder aufgrund einer mangelhaften Dokumentation in Schwierigkeiten geraten. Sichern Sie sich daher am wirkungsvollsten ab, indem Sie auf die vielseitigen Vorteile des digitalen Mängelmanagements und der digitalen Bauakte zurückgreifen. Eine gut strukturierte und nachvollziehbare Dokumentation sämtlicher Vorgänge, die mit der passenden Software auch rechtssicher abgespeichert werden, kann das Risiko von Schadensersatzforderungen enorm minimieren.
Stephan Fleischmann
TGC Group
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